Mobben bis zum Rücktritt
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Heute kann man öffentlich alles sagen, ohne dafür einstehen zu müssen - Geschwätz und dummes Gerede kommen dabei raus, hat Heinz Eggert einmal gesagt. „Dummes Gerede“ hat den sächsischen Innenminister vor Jahren sein Amt gekostet. Sexuelle Belästigung von Mitarbeitern wurde ihm nachgesagt. Eggert, zu Zeiten der DDR ein streitbarer Pfarrer, hat die Vorwürfe immer zurückgewiesen. Vergeblich. Ist Heinz Eggert, der selbstbewußte Machtpolitiker, ein Mobbingopfer?

„Gerade starke Persönlichkeiten sind häufig von Mobbing betroffen“, meint Lothar Drat vom „Verein gegen psychosozialen Stress und Mobbing „ in Wiesbaden. Neid und Mißgunst seien …(eines der) ... das Hauptmotiv (e);- Jene, die Karriere machten beliebte Opfer.

Die Politik kennt schnelle Karrieren, und sie kennt den schnellen Sturz, dem häufig ein Gemisch aus Gerüchten und persönlichen Vorwürfen vorausgehen. Kampf um Macht bedeutet auch Kampf um Ämter. Gunda Röstel, Vorstandssprecherin der Grünen, trat in diesem Jahr freiwillig den Rückzug an, nachdem bereits über Wochen öffentlich in der eigenen Partei über eine Neubesetzung der Spitze spekuliert worden war. Rudolf Scharping wurde 1995 handstreichartig als SPD-Vorsitzender abgewählt - nach monatelangen Sticheleien und einer „Spontankandidatur“ des Parteifreunds Oskar Lafontaine.

Ruprecht Polenz, CDU-Generalsekretär, gab nach nur 6 Monaten auf, nachdem in der Union immer offener über seine vermeintlichen Schwächen - zu fair, zu leise - debattiert worden war. Mobbingopfer in Serie? Nicht jeder Rücktritt ist Ergebnis unberechtigter Kritik. Aber im Arsenal der politischen Auseinandersetzung haben öffentliche Kränkungen und rücksichtslose Diffamierung zugenommen. Seitdem die Differenzen zwischen den Parteien verschwimmen und die Inhalte von Politik immer komplizierter werden, verstärkt sich der Trend, durch persönliche Herabsetzung des politischen Gegners beim Wähler zu punkten.

Allerdings - die Vätergeneration hat es nicht immer besser gemacht.

Kürzlich erinnerte sich Günter Gaus an seinen Abschied aus dem Amt als ständiger Vertreter der Bundespolitik in der DDR. “Unanständig und säuisch habe ihm der ehemalige Kanzler Helmut Schmidt den Laufpass gegeben. Nach einem Gespräch im Kanzleramt bekam er einen Brief mit auf den Weg. Darin wurde ihm der Termin seiner Ablösung mitgeteilt - ohne ein persönliches Wort. Und noch heute wird die Geschichte eines Ministers kolportiert, der von Zeiten von Kanzler Konrad Adenauer lernen mußte, dass die Politik grausam sein kann: Von seinem Pförtner bekam er mitgeteilt, er sei gerade entlassen worden.

„Am Ende geht es doch immer um die Macht“

Mobbing, so betonen viele, ist ein neuer Name für ein altes Übel. Auch Heinrich Manns Professor Unrat, der mit Klatsch, Tratsch und Häme aus seinem Job geekelt wird, hätte Anspruch auf einen Platz in einer der Opfer-Karteien der vielen Mobbing-Beratungsstellen, wenn er denn heute und nicht bereits vor 84 Jahren die literarische Bühne betreten hätte. Doch auch ernst zu nehmende und nicht nur skandalsüchtige Fahnder im Bereich „Psychoterror“ sprechen von einer Zunahme der „Heckenschützen“ am Arbeitsplatz.

Umstrukturierungen und Personalabbau haben das Klima rauer werden lassen. Der Kampf um den eigenen Job und das berufliche Fortkommen ist härter geworden. Die hohe Arbeitslosigkeit dämpft die Bereitschaft, bei innerbetrieblichen Problemen sich einen neuen Arbeitsplatz zu suchen. Konflikte, die früher durch Jobwechsel gelöst wurden, eskalieren. Die „Opfer“ wehren sich und reden darüber - auch dies war früher keine Selbstverständlichkeit.

Als „Mobbing anfällige“ Branchen gelten vor allem das Gesundheits- und Sozialwesen und der öffentliche Dienst. Über „entwürdigende Formen des Umgangs“ mit jungen Ärzten klagte der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, bereits im vergangenen Jahr unter dem Titel „Mobbing statt Weiterbildung“ in einem Ärztefachblatt. Der wirtschaftliche Druck in den Kliniken, knappe Stellenpläne und ein Überangebot an Ärzten führten zunehmend zu Konkurrenzdenken und Angst vor Arbeitsplatzverlust.

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