Psychoterror am Arbeitsplatz„Mobbing“: 
Mehr als nur der üble Kollegenscherz / Betroffener berichtet
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Ganderkessel. Auf Einladung der Frauen-Union der CDU stellte sich in der „Jägerklause“ die vor drei Jahren gegründete Selbsthilfegruppe „No Mobbing Bremen“ vor. Die Initiative versteht sich heute als Anlaufadresse für Mobbing-Opfer aus ganz Norddeutschland. Bundesweit sind nach Angaben der Einrichtung rund zwei Millionen Menschen von Psychoterror am Arbeitsplatz betroffen.

Wolfgang Landshöft, der die Gruppe vor drei Jahren gegründet hatte, gab zunächst eine Begriffserklärung. „Nach unserer Definition ist Mobbing eine konflikbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz. Unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen werden Menschen systematisch und während längerer Zeit direkt oder indirekt angegriffen. Ziel dieser Behandlung sei der Ausstoß aus der Gruppe, was der Betroffene als Diskriminierung erlebe.“ Mit Mobbing sei nicht einfach der üble Kollegenscherz oder das schlechte Betriebsklima gemeint. Mobbing, so Landshöft, läge erst vor, wenn sich die Angriffe mindestens einmal in der Woche zeigten und über einen längeren Zeitpunkt fortgesetzt würden.

In der Fachliteratur gliedere man Mobbingbehandlung in fünf Bereiche: Angriffe auf die Möglichkeiten, sich mitzuteilen, auf zwischenmenschliche Beziehungen, auf das persönliche Ansehen, auf Qualität und Sicherheit der Berufs- und Lebenssituation sowie Angriffe auf die seelische und körperliche Gesundheit.

Wolfgang Landshöft ist als ehemaliger Pharmareferent selbst Betroffener und hat schmerhafte Erfahrungen mit Mobbing-Handlungen gemacht. Begonnen habe alles mit der Bemerkung eines Vorgesetzten. Er bringe zwar hervorragende Ergebnisse, verdiene dafür aber zu viel Geld. „Von da an wurden Dinge von mir verlangt, die ich allein zeitlich gar nicht bewältigen konnte.“ Später sei sogar an seinem Computer manipuliert worden, um so seine Arbeit zu sabotieren. Dem 55jährigen versagte zu Beginn seiner Schilderungen mehrfach die Stimme.

Für die Betroffenen zeigten sich schwere Folgen. Anhaltener Psychoterror am Arbeitsplatz führe oft zum Verlust der sozialen. Selbstwert- und Identitätseinbuße, anhaltender Streß, Nervosität, Schlafstörungen und Alpträume seien die ersten Folgen, Verbitterung und Depressionen, die Flucht in süchtiges Verhalten im Umgang mit Alkohol, Tabak und Medikamente kämen hinzu. Teilweise gipfelten die Mobbing-Folgen sogar im Abgleiten wahnhaftes Erleben, Psychosen, psychosomatische Erkrankungen wie etwa chronische Verspannungen und Wirbelsäulenschäden, Bluthochdruck, Herzinfakt Magen- und Darmgeschwüre, den Anstoß von Diabetes und Asthma, Schwächung der körpereigenen Abwehrkräfte und damit in erhöhte Infektions- und Krebsgefahr.

Für den Arbeitgeber führe die Verschlechterung des Betriebsklimas ebenfalls zu manigfaltigen Nachteilen. Landshöft nannte in diesem Zusammenhang Kosten durch Fehlzeiten. „innere Kündigung“, Produktivitätseinbrüche und Wettbewerbsnachteile. Die Gesellschaft insgesamt verzeichne zunehmende Verrohung im zwischenmenschlichen Umgang und dadurch die Hinnahme von Rechtsbrüchen, zahlreichen Krankheits- und Todesfällen sowie beträchtliche Mehrkosten zu Lasten der Kranken-, Sozial- und Rentenversicherungen.

Diese Aufzählungen untermauerte der 55jährige mit Berichten aus seiner alltäglichen Beratungsarbeit für die Selbsthilfegruppe. Mobbing sei heute in allen Berufsschichten üblich. Der Selbstmord eines Arztes wegen anhaltendem Psychoterror am Arbeitsplatz belege diese Behauptungen sogar für gehobene Posten. Die meisten Mobbing-Opfer arbeiten nach Landshöfts Einschätzungen in Behörden und Krankenhäusern. Aber auch Schüler betrieben untereinander oft „musterhaftes Mobbing“.

Vor dem Hintergrund der augenblicklichen Arbeitsmarktlage, so Landshöft, beobachte man Mobbing-Prozesse oft als gesteuerte Mechanismen, um-vor allem in Großbetrieben - die Personaldecke auszudünnen. Hier lief der Prozeß dann von „oben nach unten“. Grundsätzlich gäbe es systematischen Psychoterror unter Kollegen aber auf allen hierachischen Ebenen und mit allen Stoßrichtungen. Zu Zeiten einer besseren wirtschaftlichen Lage, so der Gründer der Selbsthilfegruppe, so der Gründer der Selbsthilfegruppe, habe man einfach den Arbeitsplatz gewechselt. „Versuchen sie aber heute einmal mit 55 Jahren, da werden sie als erfahrener und besser verdienender Mitarbeiter als „Altlast“ mit geringen Zukunftschancen „entsorgt“.

Statistisch gesehen, machen trotz dieser Feststellung Frauen derzeit mit 70 Prozent die Mehrzahl der Betroffenen aus. Etwa vier Prozent dieser Fälle wiesen eine Tendenz zur sexuellen Belästigung auf.

Das Krankheitsbild der Opfer würde von vielen behandelnden Ärzten leider noch viel zu oft verkannt. Den Patienten werde oft Paranoia in Gestalt von Verfolgungswahn diagnostiziert oder geraten, sich besser anzupassen und „stromlinienförmiger“ zu werden. Mobbing-Opfer sollten nach Landshöfts Rat zunächst versuchen, „Verbündete“ unter Kollegen zu finden und - wenn möglich - Kontakte zum Betriebsrat aufbauen. Die Selbsthilfegruppe ist unter der Telefonnr.: 0421 / 56 17 32 erreichbar. Sie gehört zur „Gesellschaft gegen psychosozialen Stress und Mobbing“ mit Sitz in Bad Lippspringe.

 

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