Mobbing

Die Dinge beim Namen nennen
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Missstimmungen, selbst Konflikte am Arbeitsplatz sind normal. Kritisch wird es, wenn Mitarbeiter systematisch schikaniert - gemobbt - werden. Verhindern lässt sich Mobbing häufig, wenn die Kollegen frühzeitig und offen miteinander reden.

Mobbing ist keine Ausnahmeerscheinung. Nahezu jeder Neunte wird im Laufe seines Berufslebens darunter zu leiden haben. Treffen kann es jeden – es gibt keine typischen Charaktereigenschaften, die einen Menschen zum bevorzugten Mobbing-Opfer machen. Männer sind ebenso betroffen wie Frauen, Führungskräfte ebenso wie Arbeiter. Im Sozial- und Gesundheitswesen geht man allerdings besonders rüde miteinander um.

Miteinander reden!

Mobbing nimmt zu, zugleich aber auch die unangebrachte Verwendung des Begriffs – inzwischen wird selbst der ganz normale Alltagszwist oft als Mobbing tituliert. „Die Leute haben subjektiv das Gefühl, gemobbt zu werden. Fragt man nach, wurden sie vielleicht ein paar Mal in der Teeküche nicht gegrüßt“, erläutert Lothar Drat, Berater und Geschäftsführer des Vereins gegen psychosozialen Stress und Mobbing (VPSM). „Würde hier einfach mal Tacheles geredet und bei den angeblichen Mobbern deutlich nachgefragt, warum nicht gegrüßt wurde – die Situation wäre im Nu geklärt.“ Eine wichtige Ursache für die Entstehung eines Mobbingprozesses ist demnach eine fehlende Gesprächskultur im Betrieb. „Konflikte werden immer seltener in einem Dialog ausgetragen, das ist eine gesamtgesellschaftliche Tendenz“, beobachtet Drat. So gärt ein anfangs noch kleines Problem so lange, bis es sich vielleicht in „echten“ Mobbinghandlungen entlädt. Deshalb lautet seine Empfehlung: Rechtzeitig miteinander reden, die Dinge beim Namen nennen.

Stress und Angst sind der Nährboden

Während die Statistik der Arbeitsunfälle seit Jahren einen Abwärtstrend zeigt, geht die Zahl der stressbedingten Erkrankungen steil in die Höhe. Termin- und Zeitdruck, höhere Anforderungen an die Leistung, mehr Verantwortung, Personalabbau, Konkurrenzkämpfe und Neid – das geht an vielen Menschen nicht spurlos vorbei, sondern äußert sich in Stress, Erschöpfung, Überforderung. Hinzu kommt die Angst, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein, das gute Ansehen, den Status oder gar den Arbeitsplatz zu verlieren. In einem solchen Klima, wenn jeder nur noch sein eigenes Terrain verteidigt, hat es Mobbing leicht.

Lothar Drat vergleicht Mobbing mit einem Verkehrsunfall: “Alle fahren im Nebel ein bisschen zu schnell. Entweder eine gute Seele von Führungskraft greift ein und nimmt das Tempo raus, oder es kracht zwangsläufig irgendwann.“ Oftmals wartet man auf diese gute Seele vergebens. Im Gegenteil: Bei rund der Hälfte der Mobbingprozesse sind Vorgesetzte beteiligt. Drats Erklärungsversuch: „Auch Vorgesetzte stehen unter Stress und Druck.“ Drat schätzt aus eigener Beobachtung, dass Führungskräfte rund 30 bis 50 Prozent ihrer Arbeitszeit nur damit verbringen, zu verhindern, dass an ihrem eigenen Stuhl gesägt wird. Wer so mit sich selbst beschäftigt ist, hat für die Nöte und Sorgen seiner Mitarbeiter keine Antenne.

Wenn miteinander reden nicht mehr hilft

Wer Opfer von schikanösen Kollegenangriffen wird, braucht Hilfe. Je eher man sich Hilfe holt, desto weniger Blessuren wird man davon tragen. Ansprechpartner sollten Vorgesetzte, Betriebsräte oder Betriebsärzte sein. Manche Firmen haben auch Konfliktmanager oder interne Mobbingbeauftragte.

Schwierig wird es, wenn die internen Anlaufstellen direkt oder indirekt zu den Beteiligten des Mobbingprozesses zählen. Dann, oder wenn der Mobbingprozess schon weit fortgeschritten ist, kann meistens nur noch eine externe Stelle durch Schlichtung oder Mediation den Konflikt entschärfen. Anlaufstelle für Betriebe können die Berufsgenossenschaften sein. Aber auch Mobbingberatungsstellen gibt es inzwischen in fast jeder größeren Stadt. Aber: „Es gibt eine Menge schwarze Schafe und selbst ernannte Mobbingexperten auf dem Markt“, warnt Drat. „Teilweise sind es früher selbst Betroffene. Diese Berater neigen dazu, für das Opfer Partei zu ergreifen. Wichtig für den Erfolg einer Schlichtung ist aber die unbedingte Unparteilichkeit des Schlichters.“

Empfohlene Beratungsstellen sind auf der Website des VPSM aufgelistet www.vpsm.de Auch die Berufsgenossenschaften bieten Unterstützung, zum Beispiel durch Betriebsberatungen und – als Mobbingprävention – durch Seminare für Führungskräfte und Betriebsräte.

Gezielt vorbeugen

Die Vorbeugung von Mobbing und Konflikten am Arbeitsplatz sollte für Unternehmen
schon deshalb ein wichtiges Anliegen sein, weil so eine Menge Geld gespart werden kann. Auf rund 13 Milliarden Euro schätzen Finanzexperten die jährlichen Verluste in Deutschland durch Produktionsausfall, Kosten für Fehlzeiten, Aushilfskräfte, Abfindungen und so weiter. Hinzu kommen die Leistungen der Kranken- und Rentenversicherungsträger – nochmals über 11 Milliarden Euro.

Wer Mobbing vorbeugen will, tut gut daran, im Betrieb solche Organisationsstrukturen zu beseitigen, die Konflikte begünstigen: Das sind zum Beispiel starre Hierarchien, unklare Entscheidungsprozesse bzw. Arbeitsabläufe und eine fehlende Gesprächskultur.

Betriebsvereinbarungen zu Mobbing und Konflikten am Arbeitsplatz hält VPSM-Chef Drat dann für eine sinnvolle Sache, wenn sie nach intensiver und ernsthafter Auseinandersetzung mit dem Thema erarbeitet wurden. „Oft ist es aber so, dass wir angerufen werden, ob wir mal eben eine Vorlage rüberfaxen könnten, man wolle das jetzt auch einführen“, übt der Mobbing-Experte Kritik. So könne das nicht funktionieren. Ähnlich sei es mit betriebseigenen Mobbingbeauftragten: Dienten diese nur dem Imagegewinn der Firma, sei ihr Sinn fragwürdig. „Die Firmenleitung muss schon dahinter stehen und sich intensiv mit dem Phänomen auseinandersetzen.“

Wo dies geschieht, wird optimalerweise zugleich ein Betriebsklima geschaffen, in dem Mobbing nicht gedeihen kann.

Weitere Infos:

Wenn aus Kollegen Feinde werden

Der Ratgeber zum Umgang mit Mobbing

Die Broschüre gibt es über die BAuA
Friedrich-Henkel-Weg 1-25
D-44149 Dortmund, www.baua.de

Betroffene, aber auch Betriebsräte oder Personaler können sich an Beratungsstellen wenden. Adressen unter

www.vpsm.de/beratung.html

Mobbing Seminare der BGAG: www.hvbg.de Webcode 1135524

Weitere Infos unter www.arbeit-und-gesundheit.de

Mobbing in Zahlen

11.3 Prozent aller Beschäftigten sind oder waren Mobbingopfer.

Der DGB schätzt den gesamten volkswirtschaftlichen Schaden durch Mobbing auf
15 bis 25 Milliarden Euro pro Jahr.

Jeder sechste Suizid steht im Zusammenhang mit Mobbing.

In mehr als 50 Prozent der Fälle ging Mobbing von Führungskräften aus bzw. findet
unter ihrer Mitwirkung statt.

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