Was darf mein Nachbar?
Streit ist meist eher eine Sache der Psychologie als der Rechtsprechung

Nicht immer siegt, wer Recht hat, sondern wer freundlich ist
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"Man kann es ihnen nie Recht machen: Die Fahrräder stehen falsch, der Hausflur ist nicht richtig geputzt. Nörgelnde Nachbarn können eine wahre Plage sein. In einer Großstadt
ließ ein Hausbesitzer seinem Nachbarn eine 40-Watt-Lampe vor dem Haus gerichtlich verbieten: Sie beeinträchtige seinen Schlaf. Notorischen Querulanten in der Nachbarschaft ist schwer beizukommen. Die Rechtslage ist nicht immer eindeutig.

"Es gibt die absurdesten Fälle, aber Nachbarstreit hat meist einen vernünftigen Hintergrund", sagt Hendrik Härterich, Immobilienwirtschaftsanwalt in Frankfurt. So sei es verständlich, daß sich jemand beschwere, wenn der Nachbar seinen Zaun immer höher baut und dem eigenen Garten Sonne nimmt.

Kaum Chancen haben genervte Mieter, wenn die Haustür ab 21 Uhr abgeschlossen sein muß und Nachbarn das penibel beachten. Härterich rät, bei Unstimmigkeiten erst den Nachbarn und dann Hausverwalter oder -besitzer anzusprechen.

"Nachbarschaftsstreit ist oft eher eine Sache der Psychologie als der Rechtsprechung", fügt Kai Warnecke von "Haus und Grund" (Berlin) hinzu. Dabei ist die Klagelust der Deutschen hoch, wenn es um eigene vier Wände geht, sagt Härterich.

"Haus- und Wohnungseigentümer leben mit ihren Nachbarn oft länger zusammen als mit ihren Kindern", gibt Warnecke zu bedenken. Deshalb sollte man sich um ein gutes Verhältnis bemühen. "Denn fortwährende, kleine Sticheleien können auch zu einem Trauma führen", warnt Lothar Drat vom Verein gegen psychosozialen Stress und Mobbing (Wiesbaden): "Irgendwann ist man so genervt, daß man z.B. fahrig und verwirrt wirkt - und dann selbst ggf. als Querulant und/oder krank wahrgenommen wird."

"Es gibt drei Möglichkeiten, nervenden Nachbarn zu begegnen", sagt Härterich: Kämpfen, einen Kompromiß finden oder stillhalten. "Kämpfen kostet Zeit, Geld und Nerven und sollte nur erwogen werden, wenn es dem Mandanten die Sache wert ist." Wichtig sei, daß sich Betroffene über Erfolgschancen und mögliche Alternativen beraten lassen - denn ein Sieg im Rechtsstreit sei nie sicher. Der Jurist wiederum sollte nicht gleich einen Brief aufsetzen. "Wenn beim Nachbarn als erstes ein Anwaltsschreiben auf dem Tisch liegt, ist das Verhältnis für immer vergiftet", warnt Warnecke.

"Am häufigsten geht es bei Streitereien um Lärm, Gartenpflege, kleine bauliche Veränderungen oder den Anstrich des Hauses", sagt Warnecke. Oft stecke vor allem Neid dahinter. "Gerade bei Dauernörglern ist die Hausgemeinschaft vielleicht der einzige Ort, wo sie noch etwas zu sagen haben", erklärt Sozialpädagoge Drat. Steckt dahinter nur Gockelgehabe, reiche oft schon aus, dem Nachbarn ein wenig von der erwarteten Anerkennung zu geben.

Als Grundregel gilt, sich von vornherein um ein gutes Verhältnis zu bemühen und notorischen Nörglern wenig Angriffsfläche zu bieten. "Nach dem Einzug kann man sich bei den anderen Mietern vorstellen oder mit einer Flasche Sekt vorbeigehen", rät Härterich. Nach zwei Abenden mit lauter Musik sei es legitim höflich nachzufragen, ob die Beschallung zur "Dauereinrichtung" werden solle.

Statt vieler gerichtlicher Auseinandersetzungen befürwortet Lothar Drat Mediationsverfahren: "Da kann man von Profis den Streit weiter führen lassen." Das aber setzt die Bereitschaft beider Parteien zur Einigung voraus - und die ist bei verfahrenen Positionen eher selten, weiß Warnecke. dpa

"Deshalb erhalten neben Verfahren der Mediation, die der Vermittlung / Schlichtung eine besondere Bedeutung", Lothar Drat

Aus der Berliner Morgenpost vom 3. Juni 2006

(Veränderungen, Einschübe, Kommentare in Kursiv)

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